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Episode 13

Erste Station: Melick

Ein kleines Örtchen in den Niederlanden ist das erste Zuhause der Familie von Theo Hespers im Exil. Von hier aus, versucht mein Großvater nicht nur, Reformwaren zu vertreiben. Er versucht auch weiterhin Kontakt zu Widerständlern in Deutschland zu halten.

Das Haus in Melick-Gebroek ist ein windschiefes Gesindehaus, eine Etage, ein Spitzdach, zwei fast bodentiefe Fenster, dazwischen eine Tür. Daneben nochmal dasselbe.

Wir befinden uns im Sommer 1933, im niederländischen Örtchen Melick – ca. 10 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Zu Fuß braucht man ungefähr fünf Stunden bis Mönchengladbach. Mit dem Fahrrad braucht man knapp zwei Stunden. Hier hat mein Großvater das erste Mal versucht, sich nach der Flucht eine neue Existenz aufzubauen.

Es ist ein bisschen schwierig, sich eine Geschichte vorzustellen, wenn man das Ende schon kennt. Wenn man die gesamte Entwicklung bereits vor Augen hat. Und trotzdem versuche ich mir immer klar zu machen: das Ganze war ein Prozess. Geschichten erzählen ja nur die Spitze des Eisberges. Aber so ein Leben besteht ja nicht nur aus diesen Spitzen. So ein Leben besteht vor allem aus Alltag. Aus diesen täglichen 24 Stunden, die wir versuchen mit Tätigkeit zu füllen. Tag für Tag für Tag… – bis eine Woche um ist, ein Monat oder auch ein Jahr. Wie also hat dieser Alltag ausgesehen für meinen Großvater? Was hat er gemacht mit seiner Zeit? Und wie sahen die Anfänge seiner Widerstandsarbeit aus? Das sind natürlich Dinge, die mein Vater mir nicht besonders zufriedenstellend beantworten kann, weil er da einfach noch zu klein war und sich nicht so sehr an Details erinnert. Aber trotzdem gibt es Informationen darüber. Zum Beispiel aus den Verhörprotokollen der Gestapo.

Im Juli 1933 brachte also Max Behretz meine Oma Käthe und meinen Vater zu Fuß über die grüne Grenze nach Holland. Max war es auch, der meinem Großvater das Häuschen in Melick besorgte. Eine Bruchbude, in die heute niemand von uns auch nur annähernd ein Kind mitnehmen würde. Mein Vater beschreibt die Bruchbude so:

„Ein altes Häuschen von ’nem Bauern, dass der seinen Knechten früher übergeben hatte, was total verseucht war mit TBC Bazillen und so weiter, da sind wir eingezogen. Wir hatten nichts anderes.“

Interview mit meinem Vater vom 26.12.2014

Im Sommer war das wahrscheinlich nicht so dramatisch, da war man viel draußen. Aber im Winter stell ich mir das schon ziemlich unangenehm vor. Kalt und zugig und wahrscheinlich hing ein ziemlich modriger Geruch in der Luft. Oder der Geruch von kaltem Kaminfeuer. Ich kenne diese Gerüche ganz gut, denn ich bin in so einem Haus groß geworden. Einem alten, umgebauten Kuhstall im Hunsrück, den mein Vater irgendwann erworben und als Ferienhaus hergerichtet hat. Ich weiß, es kränkt ihn, wenn ich das Haus als Bruchbude bezeichne. Sagen wir, es hatte einen eigenen, etwas maroden Charme. Und: ich war gerne da.

Überleben im Exil

Aber zurück ins niederländische Melick. Mein Großvater hatte inzwischen Kontakte geknüpft. Viele davon hatte über seinen Freund Max und den niederländischen Friedensring. Aber die konnten ihn natürlich nicht komplett durchfüttern, aber sie haben Spenden für ihn gesammelt. Außerdem erhielt er 7 Gulden pro Woche von einer Art katholischem Flüchtlingswerk. Doch die Freunde um Max Behretz hatten bald einen besseren Plan, wie sie meinem Großvater unter die Arme greifen konnten.

Zur damaligen Zeit war die Reformbewegung schwer im Trend. Die Menschen wollten weg von den industriell gefertigten Produkten hin zu ökologischer Landwirtschaft und naturnaher Lebensweise. Auch Vegetarismus war total hip. Überhaupt gab es eine Art „Zurück zur Natur“-Bewegung. Die Reformler setzten wieder vermehrt auf Heilkräuter, es gab Getränke ohne Alkohol und Fleischersatzpasten. In meinen Ohren klingt das schwer nach der heutigen Hipsterbewegung. Nur, dass das damals eben wirklich total neu war. Und mein Großvater war eh schon großer Fan dieser Bewegung. Zu Hause in Mönchengladbach hatte er bereits versucht Obst und Gemüse selbst anzubauen. Allerdings war mein Großvater ein lausiger Gärtner, die Erträge waren weit weniger üppig als erhofft.

In Deutschland gab es zu der Zeit bereits zahlreiche Reformhäuser – und die liefen ziemlich gut. Und mein Großvater hatte eine kaufmännische Ausbildung und wusste über Warenhandel und Buchführung bestens Bescheid. Zumal sein Vater wiederum (mein Urgroßvater) Ladeneinrichter bei Kaiser’s war, das damals noch Kaiser’s Kaffee hieß. Da lag es scheinbar nahe, dass mein Großvater in dieser Bruchbude von einem Bauernhaus einfach einen Reformladen eröffnet. Und seine Kunden hatte er auch schon: die Ware wurde ihm samt und sonders von seinen – meist jüdischen – Unterstützern abgekauft. Deshalb war es auch ziemlich egal, dass er keine richtigen Lagerräume hatte und die Ameisen die kostbare Ware einfach wegknabberten. Oder dass meine Oma ihren Mann wo es nur ging beklaute, um meinen Vater mit Süßkram zu versorgen. Die Geschäfte waren einfach eine hervorragende Tarnung.

„Ich glaub das war das erste Reformhaus, das es jemals in Holland gab! Die Holländer die guckten Bauklötze! Die kamen jeden Augenblick in den Laden rein und wollten Zigaretten haben!“

Interview mit meinem Vater vom 26.12.2014

Die Reformware selber kam vor allem aus der Schweiz. Und hier kommt eine weitere Figur ins Spiel, die für meinen Großvater unglaublich wichtig werden sollte – in vielerlei Hinsicht. Antonia Verhaegen, genannt Toos. Sie gehörte ebenfalls dem niederländischen Friedensring an. Mein Vater vermutet, dass der Kontakt zu meinem Großvater über Max Behretz zustande kam. Toos hatte nach ihrer kaufmännischen Ausbildung eine zweite hinterhergelegt: als Gymnastiklehrerin in der Schweiz. Ich muss an der Stelle zwar spekulieren, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie nicht unbeteiligt an der Idee war, den Reformladen zu gründen – und dass sie diejenige war, die die Kontakte in die Schweiz hatte.*

Schriften schmuggeln in Gemüsekisten

Der Laden ermöglichte es meinem Großvater allerdings nicht nur, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das Beste an der Idee war wohl der Warenverkehr. Denn nicht alle Waren kamen aus der Schweiz – und nicht alle Waren wurden ausschließlich an die niederländischen Freunde verkauft. Über den Warenverkehr ließen sich allerlei Dinge über die Grenze zwischen Deutschland und Holland schmuggeln. Denn mein Großvater war nicht der einzige politische Flüchtling aus Deutschland. Inzwischen hatten sich mehrere Deutsche hinter der niederländischen Grenze in Sicherheit gebracht. Einige davon verfassten bereits politische Schriften oder schrieben Artikel, die in Deutschland nicht mehr verbreitet werden durften.

Diese politischen Flüchtlinge versammelten sich im Haus meines Großvaters. Und auch aus Deutschland kam regelmäßig Besuch. Denn damals war es üblich am Wochenende längere Spaziergänge zu unternehmen oder kleine Fahrten, wie das in der Sprache der Bündischen heißt. Und so bekam mein Großvater regelmäßig Besuch von seinen ehemaligen politischen Mitstreitern aus Mönchengladbach. Die sind wohl vornehmlich zu Fuß nach Melick spaziert. Fünfeinhalb Stunden Fußmarsch sind für jemanden, der regelmäßig wandert, ein Klacks. Und bis heute ist das eine ziemlich schöne, weil sehr grüne Gegend da an der holländischen Grenze.

Insgesamt 20 Personen hat die Gestapo ausfindig gemacht, die meinen Großvater regelmäßig besucht haben. Sie haben ihn, die anderen Exilanten und die Gruppe um Max Behretz über die aktuellen Entwicklungen im Reich auf dem Laufenden gehalten. Und sie haben auf dem Rückweg kleine Auflagen der politischen Exilschriften in ihre Rucksäcke gepackt, die inzwischen ihren Weg in das Haus meines Großvaters gefunden hatten. Damit sind sie dann wieder zurück nach Deutschland, um sie dort zu verteilen.

Ein eifersüchtiges Kind

Größere Auflagen wurden zum Beispiel via Gemüseschiff über die Maas geschmuggelt. Und auch meine Oma hat wohl das ein oder andere Mal „Reformware“ ausgeliefert. An eine dieser Fahrten erinnert sich mein Vater ziemlich genau. Denn erstens war ein Auto involviert:

„Sie musste ja manchmal zur Grenze musste sie irgendwelche Sachen hinbringen. Schriften und so. Und dann fuhr sie mit einem Direktor von ner Bank und sie fuhr mit dem Wagen. Wer hatte denn damals nen Wagen?! – Das war schon nobel! Fuhr ich dann mit zur Grenze hin zu einer jüdischen Frau.“

Interview mit meinem Vater vom 26.12.2014

Zweitens nahm die Fahrt aber ein skandalöses Ende – vor allem in der Wahrnehmung eines gerade mal drei Jahren alten, kleinen Jungen. Denn der Bankdirektor hatte es wohl gewagt, die Situation etwas auszunutzen. Oder vielleicht war der Mann auch unfassbar gutaussehend und meine Oma konnte sich nicht wehren, wer weiß das schon. Auf jeden Fall hat es der feine Herr Bankdirektor mit seinem Wagen gewagt, meine Großmutter zu küssen. Das ging dem kleinen Dieter eindeutig zu weit! Und deshalb hatte er nichts bessers zu tun, als meinem Großvater die Geschichte brühwarm zu erzählen:

„Und da hab ich dem Papa gesagt: Papa, hab ich gesagt, die Mama hat sich küssen lassen von dem Mann. Der Mann hat die geküsst! Das andere war mir egal. Aber die Eifersucht! Die Mama! Das war ja meine Mama, die durfte doch niemand küssen! So ungefähr, das weiß ich noch genau!“

Interview mit meinem Vater vom 26.12.2014

Natürlich wollte ich wissen, ob das Ärger gegeben hat. Gab’s aber wohl nicht. Mein Vater behauptet das zumindest. Oder er kann sich nicht daran erinnern. Und mir fehlen, um das beurteilen zu können eindeutig zu viele Informationen, wie sonst das Verhältnis zu diesem Bankdirektor war und ob das vielleicht einfach auch nur ein kurzer Kuss auf den Mund gewesen ist – vor Erleichterung zum Beispiel, dass alles gut gegangen ist. Denn es war schließlich nicht ganz ungefährlich, sich so nah an der holländischen Grenze aufzuhalten. Denn Flüchtlinge oder politisch Verfolgte wurden zu dem Zeitpunkt gerne mal von den Nazis verschleppt. Die Geschichte zeigt nur: es gibt diesen Alltag. Es gibt auch viele zwischenmenschliche Facetten in diesen Geschichten, die so in keinem Schulbuch stehen – und doch so viel vermitteln können.

Die Gruppe in Melick fliegt auf

Am Ende waren es Polizisten aus Heerlen, die die Gestapo auf die Spur meines Großvaters gebracht haben. Was ich seltsam finde, denn eigentlich waren die Niederlande zu dem Zeitpunkt noch nicht auf der Seite der Nazis. Aber vielleicht haben die niederländischen Behörden das Spiel zu dem Zeitpunkt auch einfach noch nicht durchschaut. Jedenfalls haben Polizisten aus Heerlen im Oktober 1933 einen Packen kommunistischer Schriften in der Nähe der Grenze gefunden und diese bei der Gestapo in Mönchengladbach abgegeben. Jetzt musste die Gestapo also nur noch die Gruppen im Auge behalten, die an dieser Stelle die Grenze überquerten und den Spuren folgen. So fanden sie schließlich heraus, wo mein Großvater sich aufhielt.

Sie setzten einen Spitzel auf die Gruppe in Melick an, einen Mann, den mein Großvater aus Mönchengladbach kannte. Der wurde „Prüße Jupp“ genannt, der Preußen-Jupp, und bezog die Wohnung rechts neben meinem Großvater. Regelmäßig hat er meinen Großvater nach Flugblättern gefragt – und mein Großvater hat sie ihm gegeben. Warum auch nicht? Woher sollte er ahnen, dass der Prüße Jupp ein von der Gestapo bezahlter V-Mann war? Aber der Gestapo-Spitzel hat nicht nur meinen Großvater verraten. Er hat vor allem die Freunde meines Großvaters an die Gestapo ausgeliefert.

Zwischen dem 18. und 23. August 1934 konnte die Gestapo durch die Informationen von Prüße Jupp 20 Menschen verhaften. Auch meinen Großvater haben sie versucht in die Finger zu bekommen. Eines Tages bekam mein Großvater Besuch von einem Mann, den er nicht kannte. Der behauptete allerdings von einem Freund geschickt worden zu sein. Dieser Freund wolle sich heimlich mit meinem Großvater in Deutschland treffen. Die ganze Geschichte stank zum Himmel und sowohl mein Großvater als auch sein Freund Max wurden misstrauisch.

Es hat nicht lange gedauert, da war der Mittelsmann als Spitzel enttarnt. Der Plan, meinen Großvater nach Deutschland zu locken oder zumindest so nah an die Grenze, dass man ihn dort kidnappen konnte, scheiterte. Stattdessen nahm Max Behretz dem Spitzel den Pass ab, damit der sich nicht einfach aus dem Staub machen konnte. Dann hat er ihn bis zur Grenze begleitet und wieder auf die andere Seite geschickt. Nicht allerdings ohne den Pass (früher waren das ja noch diese Lappen aus Papier) mit dem Vermerk „Vorsicht Polizeispitzel“ zu versehen – und das gute Stück damit völlig unbrauchbar zu machen.

Wo ist der Alltag?

Das sind die spannenden Geschichten aus Melick, aus dieser ersten Zeit im Exil, in der mein Großvater vor allen Dingen wahrscheinlich die Lage beobachtet hat, versucht hat sich eine Existenz aufzubauen und trotzdem irgendwie das seinige dazu beizutragen, dass der Widerstand in Deutschland weiter Nahrung erhält. Und schon damals ist mein Großvater viel unterwegs gewesen. Ist nach Eindhoven gefahren und nach Amsterdam. Hat sich mit den verschiedensten Menschen getroffen und korrespondiert. Er hat Kontakte geknüpft und sich ein Netzwerk aus Unterstützern zusammengesponnen. Natürlich nicht alleine, sondern immer mit der Hilfe seines Freundes Max und seiner neuen Freundin Toos. Unter diesen Freunden befand sich auch Alfred Katzenstein. Ein junger Deutscher, der nicht nur wegen seiner jüdischen Herkunft, sondern vor allem auch wegen seiner politischen Arbeit schon frühzeitig aus Deutschland verschwinden musste. Alfred Katzenstein kam wie mein Großvater aus Mönchengladbach, war aber fast zehn Jahre jünger – und ein absolut überzeugter Kommunist. Er gehörte zu dem Kreis, der meinen Großvater mit Exilschriften versorgte. Und Alfred ist einer der wenigen Menschen aus diesem Kreis, die ich als Teenie mal persönlich kennengelernt habe.

Toos war es auch, die meinem Großvater in kürzester Zeit die niederländische Sprache beigebracht hat – in Wort und Schrift. Dazu muss man relativ viel Zeit miteinander verbringen, was die beiden auch getan haben. Und so ganz nebenbei haben sie wohl auch ihre Zuneigung zueinander entdeckt. Zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich nur ein zartes Pflänzchen, aber abgesehen von den ganzen anderen Umständen bestimmt eine top Motivation, möglichst schnell eine neue Sprache zu lernen.

Aber es wurde nicht ständig nur politisiert. Mein Vater erinnert sich an ausgedehnte Spaziergänge im Sommer, in denen er Toos bewundernd dabei zugesehen hat, wie sie komplizierte gymnastische Übungen gemacht hat. Ich vermute, es handelte sich um sowas wie Yoga. Mit dabei war auch immer ein Topf voll Milchreis mit Kirschkompott, aus dem dann alle gemeinsam gelöffelt haben. Außerdem wurde Gitarre gespielt und gesungen. Abends wenn es dunkel war, hat vor allem Alfred meinem Vater Dietrich, der zu diesem Zeitpunkt bereits in Dieter umbenannt war, weil das nicht so deutsch klingt, Geschichten vorgelesen. Und ähnlich wird es auch gewesen sein, wenn die Freunde aus den anderen Jugendbünden zu Besuch waren. Überhaupt gabe es einfach viel Besuch in Melick. Selbst der Vater meines Großvaters kam regelmäßig zu Besuch, um seinen Enkel zu sehen. Dabei – so erinnert sich mein Vater genau – trug er das Parteiabzeichen der NSDAP am Revers. Über Politik wurde aber nicht gesprochen. Seine Devise lautete: „Suup dich voll und frät dich dick und halt d’r Muhl von Politik“ (Sauf dich voll und friss dich dick und halt dein Maul von Politik).

Ich will damit nicht sagen, dass die Zeit gar nicht so hart war. Ich will damit nur sagen, dass man sich das trotz aller Tragik und Dramatik nicht nur als düsteren Alptraum vorstellen darf. Natürlich war die Grundstimmung nicht besonders ausgelassen. Aber auch das gehört ja irgendwann zum Alltag dazu. Außerdem gab es zu der Zeit kaum Informationen. Tageszeitungen und Informationen aus dem Reich waren oft Tage, wenn nicht Wochen alt, bis sie in Melick eintrafen. Kaum jemand hatte ein Telefon, geschweige denn ein Radio. Vom Fernseher wollen wir gar nicht erst sprechen. Für eine Generation, die ihre Nachrichten beinahe sekündlich rezipiert, ist das kaum vorstellbar. Mir jedenfalls fällt das schwer. Aber ich finde es spannend, dieser Zeit nachzuspüren und mir vorzustellen, wie sich das wohl angefühlt haben könnte. Und ich staune immer mehr, was mein Großvater und seine Freunde trotzdem alles auf die Beine gestellt haben.

Bei einer Sache allerdings bin ich mir ziemlich sicher: hätte mein Großvater das Internet gekannt, er hätte gebloggt. Wo ich mir allerdings nicht sicher bin: selbst wenn er gebloggt hätte – hätte man seinen Worten Glauben geschenkt und ihn gehört?

*Nachtrag vom 25.03.2015:

So, da hat es mich mit der Geschichte also fortgerissen. Ich hätte euch so gerne an dieser Stelle Antonia „Toos“ Verhagen vorgestellt. Weil das so eine spannende Geschichte ist und sie einen so großen Anteil an der Sache hat. Aber ich war heute noch mal bei meinem Vater, um die Zeitbezüge richtig einzuordnen. Toos ist erst in Eindhoven zu der Gruppe dazugestoßen, also zwei Jahre später. Das heißt zwar nicht, dass die beiden sich nicht schon vorher gekannt hätten – nur belegen kann ich das nicht, weil sie bis dahin einfach nirgendwo im Zusammenhang mit meinem Großvater auftaucht. Ich hab die Passagen durchgestrichen, weil ich das hier gerne transparent machen möchte. Es ist mir, ehrlich gesagt, ziemlich unangenehm, das an dieser Stelle falsch erzählt zu haben. Aber da muss ich jetzt wohl durch. Ich hoffe, ihr könnt mir das Nachsehen. Die Geschichte mit Toos gibt es dann einfach ein anderes Mal – dafür aber dann umso ausführlicher.

Personen:

Theo Hespers – Widerstandskämpfer

Käthe Hespers – Theos Frau

Dieter Hespers – Theos Sohn (eigentlich Dietrich Franz)

Max Behretz – Theos Freund, Mitglied im Friedensring

Toos Verhagen – Theos Freundin, Mitglied im Nederlandse Trekkersbond

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