In einem Text von Juli 1938, der meinem Großvater Theo Hespers zugeschrieben wird, benennt der ziemlich klar die kriegerischen Expansionspläne Hitlers. Zwei Monate vor der Zerschlagung der Tschechoslowakei – und ein Jahr, bevor die Wehrmacht Polen überfällt.
Am Tag nach dem rechtsextremen Anschlag von Hanau, kann ich zu dem Angriff selbst noch nicht viel sagen. Aber ich muss an eine Geschichte denken, die mein Vater mir erzählt hat. Eine Geschichte über Ausgrenzung. Und eine Geschichte, über ein Nein mit großer Wirkung.
In „So wollen wir Deutschland“ erklärt mein Großvater Theo Hespers (mutmaßlicher Autor), wie er sich ein Deutschland ohne Nazis vorstellt. Ein freies, demokratisches Deutschland wohlgemerkt. Ein programmatischer Aufriss, der dennoch nicht ohne Kritik ist.
Im Dezember 1938 veröffentlicht mein Großvater in der Widerstandszeitschrift „Die Kameradschaft“ einen Augenzeugenbericht der Novemberpogrome. Die Ereignisse werden darin als „schlimmer als ein Pogrom“ bezeichnet.
Sommer 2018. In Amsterdam wird die Canal Pride gefeiert – wild und bunt. Und mitten in diesem bunten Trubel finde ich das einstige Büro von Selma Meyer, die in den 1930er Jahren deutschen, homosexuellen Jugendlichen auf der Flucht geholfen hat.
In einem Artikel von 1938 fragt ein Autor, ob Hitler legal an die Macht gekommen sei. Eine Frage, die hypothetisch scheint. Denn sie ändert nichts an den Umständen. Um katholischen Widerstand zu legitimieren, ist die Frage allerdings entscheidend.
Es ist immer wieder erschreckend, wie viele Parallelen zur Gegenwart ich in den Unterlagen meines Großvaters finde. Zugegeben, den Artikel aus der Kameradschaft, den ich euch heute vorstellen möchte, habe ich schon Mitte Januar gelesen. Aber ich hätte nicht für möglich gehalten, dass er ausgerechnet heute so gut passt.
Joseph Cornelius Rossaint, ein katholischer Kaplan, arbeitet in Oberhausen und Düsseldorf als eine Art Streetworker. Weil er Kontakte zu Kommunisten unterhält, versuchen die Nazis, ihn aus dem Weg zu schaffen. Über den Prozess gegen ihn, schreibt mein Opa Theo Hespers einen Artikel.
November 1937 – der erste Versuch der Widerstandsgruppe, sich im niederländischen Exil gegen die Nazis zu verbünden ist gescheitert. Aber mein Großvater Theo und sein Freund Plato alias Dr. Hans Ebeling denken gar nicht daran aufzugeben. Im Gegenteil. Es ist ihnen gelungen, genug Geld aufzutreiben, um eine eigene Zeitschrift zu gründen: „Kameradschaft – Schriften junger Deutscher“.
Obwohl mein Großvater Theo Hespers in Holland im Exil lebt, ist er viel auf Reisen. Für seine politische Arbeit, wie mein Vater das immer nannte. Dabei besucht er auch einen Katholikenkongress in Irland. Er will dort nach Möglichkeiten suchen, deutsche Flüchtlinge unterzubringen.